
Ballast loswerden – Anna befreit sich
Vor zwei Jahren habe ich Anna G. über eine Facebook-Gruppe kennengelernt. Ich war auf der Suche nach jemanden, der bereit war, sich beim Ausmisten mit mir filmen zu lassen. Es meldeten sich einige Frauen. Aber Anna wirkte so verzweifelt. Sie wollte Ballast loswerden. Ich wollte ihr helfen , während sie mir ja auch half.
Sie und ihre damals 9‑jährige Tochter hatten in den letzten Jahren sehr schwere Zeiten durchgestanden – sie hatte mir am Telefon bereits einiges von sich erzählt.
Seit unserem gemeinsamen Vormittag, an dem wir das Schlafzimmer endlich wieder zu ihrem Schlafzimmer machten, lese ich immer mal wieder von ihr. Was unsere Arbeit für Folgen hatte, hat sie für diesen Blog beschrieben. Wie umfassend und beherzt sie den angefangenen Weg fortgesetzt hat, damit hätte ich nie gerechnet
Anna macht Platz für einen Neuanfang
Es ist nicht so, dass ich nie ausgemistet habe.
Ich habe das „Simplify your life“ von Tiki Küstenmacher abonniert, ich habe immer wieder meine Kleider aussortiert, ich habe Pläne gemacht, wie ich welchen Bereich wann ausmiste. Manchmal habe mich auch daran gehalten.
Trotzdem war ich dadurch nicht dem gewachsen, was auf mich zukam: ich habe meine krebskranke Mutter gepflegt. Nach ihrem Tod pflegte ich mein Vater, der Alzheimer hatte. Nachdem wir ihn auch begraben haben, hustete mein Mann jahrelang jede Nacht. Wir probierten verschiedene Therapien aus. Doch dann stellte sich heraus, er hatte Krebs.
Die ganze Zeit hatte ich ein Kind zu erziehen und war gleichzeitig auch das Brotverdienerin der Familie. Es waren viele schlaflose Nächte und volle Tage mit Tätigkeiten die dringender.
Das Ausmisten blieb aus. Meine Toten haben in meiner Wohnung auch ihr Hab und Gut hinterlassen. Der Berg der Dinge wuchs und wuchs. Ballast loswerden schien ein Ding der Unmöglichkeit.
Ich will mein Schlafzimmer zurück!
Dann kam der Tag, an dem mein Mann zu Untersuchungen ins Spital fuhr und gleich dort behalten wurde. Ich entschied mich, endlich auszumisten. Aber alleine das Betreten der Rumpel-Zimmer bereitete mir Kopfschmerzen. Ich wusste, ich brauche Hilfe. Ich schaffe es nicht mehr ohne Hilfe das Zeug auszusortieren, das mir so viele schmerzliche Erinnerungen bereitet.
Ich bin auf Facebook in einer Frauen-Netzwerkgruppe. Hier wollte mein Anliegen schon posten – aber vorher las einen Beitrag, den Katrin kurz zuvor gepostet hatte: sie suchte für einen Fernsehbeitrag eine Wohnung, in der bearbeiten wo wirklich dramatisch etwas ändern kann.
Ich dachte: das ist meine Chance! Natürlich werde ich im Fernseher erscheinen mit all meinem Kram, der mich so schmerzt. Der mir aber gleichzeitig nicht viel bedeuteten und so auf einen Haufen gesammelt auch nichts nutzt. Also bewarb ich mich für diese Gelegenheit und antwortete mit einem Foto meines Rumpel-Zimmers. Es war mein Schlafzimmer, das ich schon lange nicht mehr als Schlafzimmer benutzte, sondern als Abstellkammer für alles, was ich nicht sehen wollte.
Tür zu – Augen zu
Meine ganze Wohnung war ganz voll mit Sachen. Ich schaffte mir Platz, indem ich alles in dieses Zimmer brachte und die Tür hinter mir schloss. In Wahrheit sehnte ich mich nach leeren Räumen.
Katrin wählte mich als TV-Kaninchen aus. Ich war völlig aus den Häuschen! Endlich bekomme ich mein Schlafzimmer zurück!
Der Tag war anstrengend, vor allem weil auch das Kamera-Team da war und immer wieder kurze Interviews machten. Einiges mussten wir wiederholen, bis es fernsehgerecht im Kasten war.
Am Ende aber hatte ich ein aufgeräumtes Schlafzimmer, so wie ich das immer schon wünschte. Einen freien Boden, ordentliche Nachtkästchen, einen übersichtlichen Kleiderschrank. Draußen waren vier riesige schwarze Mistsäcke sortiert nach Abfall, Kleiderspende für Caritas, Sachen zum Verkaufen auf Willhaben und Sachen zum verschenken, ebenfalls auf Willhaben. Endlich war die Zeit vorbei, in der ich das Zeug hin- und herschob, organisierte, abstaubte, verstaute, wusch und bügelte. Plus: ich hatte vier Kubikmeter Raum gleich dazugewonnen.
Plötzlich konnte ich Entscheidungen treffen
An diesem Tag hat Katrin mich sehr sanft und feinfühlig durch meinen Schmerz, durch meine Unenschlossenheit und meine Sachen geführt. Wir haben jedes Stück in Hand genommen und ich stellte mir stets die Frage: „brauche ich das?“ So entstanden langsam die vier Kategorien die wir gleich in Säcke gepackt haben und auch gleich aus dem Zimmer gebracht haben. Beim Gehen hat Katrin sogar den Abfall gleich mitgehen lassen. In den nächsten Tagen habe ich auch den Rest verteilt. Somit war es eine vollbrachte Sache. Ich musste nicht noch einmal überlegen ob diese Dinge doch bleiben, sie waren in der schwarzen Box. Die Grübelei hatte ein Ende.
Bis heute vermisse ich nichts davon!
Während der Aufräumarbeit wurden auch Erinnerungen wach. Ich habe Katrin einige Geschichten der Familie erzählt und oft war die schöne Erinnerung der Grund warum ein Gegenstand da war – auch wenn das Ding nur herumlag und keine Verwendung hatte. Von manchem hab ich einfach ein Foto gemacht, um so die Erinnerung wach zu halten. Das hat gut funktioniert.
Ich ahnte gar nicht, dass alles zu perfekter Zeit passiert ist. Nur einige Wochen nach dieser Aktion starb mein Mann. Ich konnte ziemlich bald nach seinem Ableben seine Sachen durchgehen und das, was für uns nicht mehr nützlich war weggeben. Mein Schmerz linderte sich. Ich entdeckte, dass mein Abschiedsschmerz weniger lähmend war, wenn die Sachen der Verstorbenen nicht ständig im Raum sind.
Initialzündung für eine umfassende Veränderung
Bald ist es zwei Jahre her. Aber ich bemerke immer noch die guten Folgen. Meine Tochter und ich sind vor einem Jahr in eine kleinere Wohnung übersiedelt. Die Tatsache, dass die neue Wohnung im 3. Stock ohne Aufzug ist, war eine harte Bedingung für die Übersiedlung. Klar musste ich auch Ballast abwerfen, weil ich ab jetzt 30 Quadratmeter weniger hatte. Aber die wichtigere Frage war für mich nicht, ob ich etwas brauche, sondern: „Will ich das wirklich 3 Stockwerke hinauf schleppen?“
Somit habe ich immer nur das mitgenommen, was ich unbedingt brauchte. Nach kurzer Zeit merkte ich, dass das unbedingt Notwendige nur 20% von allem war, das durch meine Hände ging. Somit habe ich meine Entscheidungen immer rationaler getroffen und das Aussortieren ging viel schneller.
Ca. 100 Kubikmeter habe ich entsorgt, gespendet, verkauft.
Ich nahm insgesamt nur 40 Kubikmeter – inklusive Möbelstücke – mit. Mit dem Übersiedlungs-Trupp machten wir ca. 20 Treppensteigen-Reisen. An einem Tag habe ich insgesamt 1000 Treppen mit Kartons in der Hand bestiegen!
Ich habe dann ausgerechnet: in unserer kleinen Wohnung habe ich mehr Raum zum Leben, als ich je in der große Wohnung hatte. Es war einfach immer nur ein sehr teurerer Lagerplatz gewesen.
Dank Katrin habe mir angewöhnt, immer wieder etwas auszusortieren. Wenn ich aber eine Schachtel durchgehe und fast nichts wegkommt, dann weiß ich dass ich wieder Hilfe von Katrin brauche, die mich über die emotionelle Schwelle hinwegbringt mit ihre Sanftheit, Geduld und einfachen Fragen, die so viel Klarheit schaffen.
Die sind die Schachteln mit der Beschriftung „Ein Fall für Katrin“.
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